Vom 25. is zum 27.10.2024 traf sich die Jugendorganisation der extrem rechten katholischen Piusbruderschaft in Ruppichteroth im Rhein-Sieg-Kreis. Etwa 360 Teilnehmer*innen nutzten das „Haus Nazareth“ und das Mädchengymnasium St.-Theresien für das bundesweite Treffen der Katholischen Jugendbewegung e.V. (kjb). Die Piusbruderschaft ist eine missionierende, fundamentalistisch-katholische Sekte mit inhaltlichen Überschneidungen und Kontakten zu Burschenschaften, der Identitären Bewegung, AfD und JA.

Hier wird rechts abgebogen: Haus Nazareth der Piusbruderschaft in Ruppichteroth (Foto: AROB)
Bundesweites Treffen der kjb in Ruppichteroth
Am 25.10. trafen im „Haus Nazareth“ in Ruppichteroth eine Vielzahl von Autos aus allen Teilen der Republik und aus dem benachbarten Ausland ein. Die Piusbrüderschaft hatte zum bundesweiten Treffen ihrer Jugendorganisation „Katholische Jugendbewegung e.V“, kurz kjb, aufgerufen und nach eigenen Angaben waren dem 360 Teilnehmer*innen aus sieben Ländern gefolgt.
Das „Haus Nazareth“ gehörte bis vor ein paar Jahren der Lebenshilfe und wurde als Bildungs- und Tagungsstätte für Menschen mit geistiger Behinderung genutzt. Der Verein konnte gesetzlich vorgeschriebene Brandschutzmaßnahmen nicht bezahlen, sodass das ehemalige „Haus Bröltal“ mit Platz für rund 60 Gäste an die Piusbrüder verkauft wurde.
Das eigentliche Treffen der ultrakonservativen katholischen Sekte fand jedoch im ungleich größeren Mädcheninternat „St.-Theresien“ in Ruppichteroth-Schönenberg statt, das auch die Übernachtungsmöglichkeiten für die „Mädels“ bereithielt. Im Programm enthalten war eine feierliche und augenscheinlich ungestört verlaufene Prozession durch die Kölner Innenstadt.

Vereint beten, getrennt übernachten. Schlafsäle für die kjb-„Mädels“ im St.-Theresien-Gymnasium in Ruppichteroth-Schönenberg (Foto: AROB)
Die Indoktrination von Kindern und Jugendlichen nimmt in der Piusbruderschaft breiten Raum ein. Neben eigenen Pfadfinder- und Jugendorganisationen unterhalten die Brüder vier getrenntgeschlechtliche Schulen, außerdem gibt es Fälle von Freilernertum. Die Kinder und Jugendliche sollen von Beginn an in einer ultrakonservativen Parallelgesellschaft aufwachsen.
Mit dem „St-Theresien-Mädchengymnasium“ und mit „Haus Nazareth“ unterhält die aus progressiver Sicht höchst problematische Sekte im kleinen Ruppichteroth zwei große Immobilien. Für die Gemeinde eine komfortable Angelegenheit: Die Schule wird üppig vom Land-NRW subventioniert.

St.-Theresien-Mädchen-Gymnasium mit Internat und Kapelle (Foto: AROB)
Mit Antisemitismus und Todesstrafe: Zurück zum autoritären Gottesstaat.
Neben sektenüblichen Fällen von Missbrauch und sexualisierter Gewalt ist die Piusbruderschaft auch durch die holocaustleugnenden Äußerungen ihres Bischofs Richard Williamson bekannt. Selbst wenn dieser mittlerweile aus der Sekte ausgeschlossen wurde, gehören antisemitische Verschwörungstheorien zum Glaubensbekenntnis der Bruderschaft. Der Historiker und freie Publizist Lucius Teidelbaum berichtete in einem Interview mit „Radio Dreyeckland“, dass nach Meinung der Brüder die „Synagoge Satans“ zusammen mit den Freimaurern hinter der Modernisierung der katholischen Kirche stünde. Wie völkische Rechte glaube man an einen nahenden Volkstod.
Die ultrakonservative Vereinigung befürwortet die Rückkehr eines autoritären Gottestaates mit ihr selber als einzig legitimer Kirche. Sie fordert die Einführung der Todesstrafe und bekämpft alle Errungenschaften einer säkularisierten Moderne wie Demokratie, sexuelle Selbstbestimmung und Feminismus. Pornografie, Homosexualität, Empfängnisverhütung und Abtreibungen gehören nach ihrer Auffassung verboten. Es verwundert demnach nicht, dass die Piusbrüder als Teil der „Lebensschützer“-Bewegung in verschiedenen Städten am „Marsch für das Leben“ teilnehmen oder – wie in Freiburg und Saarbrücken – Anmelder sind. Nicht zuletzt durch die sogenannte Lebensschutzbewegung finden sich thematische und personelle Überschneidungen zur extremen Rechten.
Ultrakonservative Brüder und die extreme Rechte
In katholischen Frankreich gibt es traditionell eine enge Verbundenheit zur politischen Rechten. Die Kinder von Marine Le Pen (langjährige Vorsitzende und heutige Abgeordnete des Rassemblement National) wurden in Gemeinden der Piusbruderschaft getauft.
In Österreich war der ehemalige FPÖ-Politiker Ewald Stadler eine Zeitlang bei der Piusbruderschaft. Jakob Gunacker, Aktivist der Identitären Bewegung, ließ sich gar von den Piusbrüdern taufen und tritt seither als Identitärer im Kirchenhabit auf.

IB-Prominenz im Habitat der Piusbrüder. Screenshot von RecherteamB (@BRechercheteam)
In der Nähe von Rom richteten sie 2013 eine Trauerfeier für den NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke aus. Priebke wurde 1989 wegen eines Massakers an der italienischen Zivilbevölkerung zu lebenslanger Haft verurteilt.
In der „neurechten“ „Jungen Freiheit“ finden sich verschiedene Interviews der Piusbrüder – etwa von deren deutschem Generaloberer Franz Schmidinger – dazu Werbung für ihre Exerzitien. Schmidinger referiert außerdem vor Burschenschaftlern. Auf den Märschen gegen Abtreibung finden sich Anhänger*innen der „Identitären Bewegung“ und Burschenschaftler ebenso wie AfD-ler*innen und Aktivisten der „Jungen Alternative“. Piusbruder Christian Adamski verglich 2022 beim Marsch der Lebensschützer in Saarbrücken Abtreibungen mit der Shoah.
Der extrem recht AfDler und Anwalt Maximilian Krah half der Piusbruderschaft jahrelang bei millionenschweren Vermögenstransaktionen. Zwecks Steuerersparnis errichtete er für die gottesfürchtigen Katholiken eine Firma in Liechtenstein, eine Privatstiftung in Wien und eine Aktiengesellschaft in der Schweiz. 2009 vertrat er den britischen Bischof und notorischen Holocaustleugner Richard Williamson vor Gericht. Dieser wurde nichtsdestotrotz wegen Volksverhetzung verurteilt.
Reconquista der Piusbrüder
Was der „Identitären Bewegung“ als Fetisch taugt, ist den ultrakonservativen Katholiken schon lange recht. Wohlwollen brachten die Piusbrüder rechten Militärdiktaturen in den katholischen Ländern in Spanien, Portugal und Lateinamerikas entgegen, die sich als Bollwerke gegen Atheismus und Emanzipation inszenierten. Im August dieses Jahres hielten die kjb-„Mädels“ ein Wanderlager in Serbien ab, Motto: „Auf den Spuren der Schlacht um Belgrad“. Bei der Belagerung von Belgrad als Teil des „Venezianisch-österreichischen Türkenkriegs“ siegte das österreichische Heer gegen die Osmanen. Den „Mädels“ wird man den Sieg der Katholiken über die Osmanen nahe gebracht haben.
Vielleicht passt dazu auch, was die Autonome Antifa Freiburg von einem Treffen der kjb in der Schützenhalle der „Schützenbruderschaft St. Hubertus Wehr“ in Rheinland-Pfalz berichtete. Die Wandhalle ziert der Spruch „Für Glaube, Sitte, Heimat“, darunter trafen sich die 50 Teinehmer des „Regionaltreffens Nord“ – zum Schießtraining. Übernachtet wurde danach im „Haus Nazareth“ in Ruppichteroth.