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Kampagne „Politisch aktiv!“ – Burschentag der Allgemeinen Deutschen Burschenschaften im Eitorfer Hotel Schützenhof

Vom 31.10.2025 bis zum 02.11.2025 fand in Eitorf (Rhein-Sieg-Kreis) das Treffen des Dachverbands der Allgemeinen Deutschen Burschenschaften (ADB) statt. Ursprünglich sollte der Burschentag wie üblich in Jena stattfinden, doch das Fair Resort Hotel in Jena als bisheriger Versammlungsort hat die Zusammenarbeit beendet. Die ADB versuchte ihr Gesicht zu wahren und schrieb in ihrer Einladung, man wolle in Zukunft der Neuausrichtung des Hotels ins Luxussegment nicht mehr folgen. Eine Woche später als zunächst vorgesehen fand der Verband mit dem Schützenhof so grade noch ein in der Tat eher gutbürgerliches als luxuriöses Ausweichquartier für sein Treffen im nordrhein-westfälischen Eitorf.

Umzug vom traditionsreichen Jena in das kleinstädtische Eitorf

Die ländliche Hotelanlage mit Platz für bis zu 220 Gästen und Räumlichkeiten für Seminare und Tagungsveranstaltungen bietet sich als Austragungsort nicht nur auf Grund der ausgedehnten Hotel-Anlage an. Besitzer Bernd Kessel ist selber „Verbandsbruder“ der Burschenschaft Sigambria et Alemannia zu Siegen. Kessel ist als Hotelier außerdem Beisitzer im nordrhein-westfälischen Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa).

Das diesjährige burschenschaftliche Totengedenken beging man in einer kleinen, fußläufig erreichbaren Kirche. Eine daran anschließende „Wanderung“ zur Gaststätte „Böck dich“ nahm den einzig möglichen Weg, der nicht durch die ausgedehnten Gewerbegebiete Eitorfs führte. Lediglich gut 30 der insgesamt circa 80 angereisten Burschen schafften die knapp vier Kilometer lange Strecke entlang des leidlich idyllischen Fuß- und Fahrradwegs rechts der Sieg bis zur avisierten Kneipe. An der Spitze: Burschentag-Ausrichter Bernd Kessel. Einige weitere Burschen ließen sich gleich mit dem Taxi dorthin chauffieren.

Dass der Wechsel aus der traditionsreichen Stadt Jena in die wenig beschauliche, industriegeprägte Kleinstadt von vorneherein nicht allen Burschen gefiel, ist offensichtlich. Als Tagesordnungspunkt im  „Generalkonvent“ wurde ein Antrag der Gießener Burschenschaft Germania gestellt: Man möge beschließen, die Burschentage ab 2026 regelmäßig in Eisenach stattfinden zu lassen. Die Nähe zur DB als dem Dachverband der völkischen Burschenschaften würde man dafür ihn Kauf nehmen.

Die DB-Burschentage finden regelmäßig in Eisenach statt. Ohnehin ist die ADB bereits im verbandsübergreifenden DEV e.V. (Denkmalserhaltung Eisenach) mit Sitz in Eisenach vertreten. Zweck des Vereins ist der Erhalt des Burschenschaftsdenkmals, die Vereinstreffen fallen regelmäßig mit dem Burschentag der DB zusammen.

Ausrichtung der AdB – Eine kurze Einordnung

Die ADB wurde nach den seit 2011 beginnenden offen ausgetragenen  Richtungskämpfen innerhalb der weitaus älteren Deutschen Burschenschaft (DB) ausgegründet und gilt seitdem als Dachverband der national-liberalen Burschenschaften (im Gegensatz zu den im DB verbliebenen völkischen Burschenschaften). Vorausgegangen war den Auseinandersetzungen der 2011 gestellte, zutiefst rassistisch motivierte Antrag, die Hansea Mannheim aus dem Dachverband auszuschließen, weil diese einen Deutschen chinesischer Herkunft aufgenommen hatte. Um diesen Antrag wurde in der Folge unter dem Stichwort „Arier-Antrag“ gestritten.

«« Gestellt wurde der Antrag von der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. Für weitere Auseinandersetzungen gab eine Äußerung von Norbert Weidner, ebenfalls Mitglied der Raczeks, Anlass. Der damalige „Schriftleiter“ der DB- Verbandszeitung und langjährig aktive Neonazi verteidigte die Hinrichtung Bonhoeffers durch die Nationalsozialisten als juristisch gerechtfertigt. Er wurde später mit knapper Mehrheit abgewählt und wegen Verunglimpfung gerichtlich verurteilt. Zuletzt arbeitete Weidner für den Koblenzer AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul, der wie Weidner ein Raczek ist. Selbstredend gehört die Bonner Verbindung weiterhin der DB an, in der nach der Spaltung der harte Kern der völkischen Burschenschaften verblieb und die im Gegensatz zu den anderen Verbänden auch Burschenschaften aus Österreich zu ihren Mitgliedern zählt.

Infolge der Auseinandersetzungen trat gut die Hälfte der Burschenschaften aus und 2016 kam es schließlich zur Gründung der ADB als neuem Dachverband. Derzeit sind dort 26 Burschenschaften organisiert, sechs davon kommen aus NRW. Der fortan als der gemäßigte und national-liberal geltende Verband ist als Schnittstelle zwischen nationalkonservativen und extrem rechten Milieus jedoch keineswegs unproblematisch.

In den bisherigen Ausgaben der Verbandszeitschrift kamen wiederholt Mitglieder der rechtsextremen AfD zu Wort. Extrem rechte Printmedien wie die Junge Freiheit oder CATO schalten dort Anzeigen, und auch eine „Studie“ des mittlerweile umbenannten Instituts für Staatspolitik um den früheren Gildenschafter Götz Kubitschek wurde positiv rezensiert. Die Trennung der Dachorganisationen wird in verbandsübergreifenden Gremien und lokalen Veranstaltungen regelmäßig aufgeweicht.

Auch einige der diesjährigen Teilnehmer bzw. ihre Burschenschaften belegen Verbindungen nach (ganz) rechts: Angereist in Eitorf war etwa Frank Wübbeling, „Alter Herr“ der Germania Gießen und Oberbürgermeisterkandidat für die AfD im Kreis Krefeld. Axel Oeljeschläger, Vorsitzender des Altherrenverbandes der Germania Gießen gehört einer Burschenschaft an, aus der heraus ein Mitglied 2023 an der Vorbereitung eines Brandanschlages auf das linke Wohnprojekt und Kulturzentrum AK44 in Gießen beteiligt war. Jonas Thoren gehört der hannoverschen Burschenschaft Germania an. Dort schien man kein Problem damit gehabt zu haben, dass zwei ihrer aktiven Mitglieder und Bewohner des Burschenhauses der bewaffneten Neigungsgruppe G angehörten, die sich paramilitärisch auf den „Tag X“ vorbereitete. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch das Haus der Burschenschaft durchsucht.

«« Immerhin wurde der Anti-Antifa Medienaktivist Patrick Kolek („Wuppi“) auf Antrag der Kölner Burschenschaft Alemannia ausgeschlossen. Unter anderem hatte er in seinem Zimmer einen Schuss mit seiner Schreckschusswaffe abgegeben. Der Grund dafür sei die Tatsache gewesen, dass er sich durch einen Verbandsbruder im Schlaf gestört gefühlt habe (https://autonome-antifa.org/breve9570). Der Doxxer mit der mangelhaften Impulskontrolle ist aber weiterhin gut genug für die AfD. Sein Hetzaccount arbeitet für die extrem rechte Partei, er selber ist im Raum Erkelenz für die AfD aktiv, nachdem er zuvor in Köln-Chorweiler für die Partei kandidiert hatte.

Zwar werden Mitglieder nicht-deutscher Herkunft nicht grundsätzlich ausgeschlossen, inhaltlich vertreten die der ADB angeschlossenen Burschenschaften aber nach wie vor ein nationalistisches, konservatives, illiberales und misogynes Weltbild. Sie sind wie alle Burschenschaften streng hierarchisch organisiert. Burschenanwärter („Füxe“) durchlaufen demütigende und bizarre Aufnahmerituale bis sie zu „Aktivitas“ werden. Übermäßiger, dabei nach strengen Regeln ausgeübter Alkoholkonsum gehört zwingend zur Erlebniswelt der Burschen. Das Fechten in den „schlagenden“ oder „pflichtschlagenden“  Verbindungen  einschließlich der „Mensur“ (Verletzung) und dem verbleibenden „Schmiss“ (Narbe im Gesicht) ist ein identitätsstiftender Initiationsritus der Männer.

Es gilt das „Lebensbundprinzip“. Die „Alten Herren“ finanzieren das Burschenleben einschließlich der Häuser mit preiswertem Wohnraum und sorgen für berufliche Vernetzungen und Karrieremöglichkeiten. Das Lebensbundprinzip bedeutet auch, sich gegenseitig Anwälte, Wohnungen und Jobs zu vermitteln. Dadurch, dass viele der Burschenschafter Jura studiert haben, ist die Dichte der Anwälte hoch. So können auf der einen Seite bürgerlich angesehene Berufe ausgeübt werden, auf der anderen Seite für Gleichgesinnte eines breiten rechten Spektrums rechtliche Unterstützung und Absicherung sichergestellt werden. Burschen mögen aussehen wie aus der Zeit gefallene Kostümfetischisten, als politische Kaderschmieden und elitäre und einflussreiche Netzwerke werden sie jedoch regelmäßig unterschätzt.

Die Burschenschaften der ADB leiden trotz ihrer Angebote an Studenten wie billigen Wohnraum auf den Burschenhäusern, Infoveranstaltungen und Partys – oder besser: Saufgelagen, bei denen es gelegentlich auch zu sexualisierter Gewalt kommt – unter Nachwuchssorgen. In Eitorf gab es entsprechende Diskussion zur Nachwuchsgewinnung. Vor allem aber stand das Treffen im Zeichen der Generaldebatte „Politisch aktiv!“, die bereits bei der diesjährigen Seminartagung in Karlsruhe diskutiert wurde.
 
ADB-Burschenschafter zu wenig „Politisch aktiv!“?

Innerhalb des Verbands wird beklagt, dass politische Positionen zwar intern diskutiert würden, aber die „Verantwortungsübernahme“ und Gestaltung in politischen Gremien nur in geringem Umfang wahrgenommen würden. Diesen Zustand wolle man nun nicht mehr länger hinnehmen. Man möge die „Bundesbrüder“ ermutigen, sich in der Hochschulpolitik, der kommunalen Politik und der „Mitwirkung an gesellschaftlichen Debatten“ zu engagieren.

Der Versuch verstärkter Einflussnahme auf die Hochschulpolitik ist allerdings nicht ganz neu. In Siegen etwa tat sich hierbei vor allem die Sigambria et Alemannia zu Siegen hervor. Deren Burschen zeichnen sich durch die durchaus übliche Mischung von AfD- Und JA-Mitgliedern im Verein mit Mitgliedern der CDU und deren Jugendorganisationen, sowie Liberalen der FDP und deren Jugendorganisation aus. Die Vernetzungen und Veranstaltungen der Burschenschaft haben es in sich: Ihr „Alter Herr“ und Geldgeber Jens Dietrich hat einen Sitz im thüringischen Landtag für die AfD und er bekleidete den Vorsitz der mittlerweile mangels Mitglieder eingegangenen AfD-assoziierten Carl-Joseph-Meyer-Stiftung. In ihrer Zeit als burschenschaftliche „Aktive“ waren Tim Opatzki und Daniel Schwach Mitbegründer der extrem rechten AfD-Jugendorganisation (JA) in Siegen-Wittgenstein und taten sich in der Folge mit Aktionen wie Flashmobs oder dem provokanten Tragen von Anti-Antifa-Shirts hervor. Auf dem 2017 in Koblenz ausgetragenen Kongress der ehemaligen extrem rechten EU-Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) traten beide als „Sicherheitsbeauftragte“ der AfD  auf. Opatzki war bereits 2016 zu einem Festival der faschistischen Lega Nord (Italien) gereist. Während er sich heute von seinem politischen Aktivismus distanzieren möchte, gehört Daniel Schwach (mittlerweile Daniel Seinsche) dem AfD-Stadtrat in Wiehl (Oberbergischer Kreis) an. Abseits dieses bescheidenen Postens sorgt er weiter für Vernetzung der extremen Rechten in Europa. So postete er am 01. Oktober dieses Jahres: „Heute durften wir Harald Vilimsky, Delegationsleiter der FPÖ im EU-Parlament und Vizepräsident der Patriots for Europe bei uns in Düsseldorf begrüßen.“

Für den Samstagabend war der ehemalige AfD-Funktionär Markus Pretzell eingeladen, der bis 2021 als Corpsbruder dem Kösener Senioren-Konvents-Verband angehörte. Augenscheinlich war man dort nach Art der rechten Wutbürger und Hater mit ihm verfahren, so dass er einen ausgesprochen galligen Abschiedsbrief schrieb und vorschlug, die angemahnten Mitgliedsbeiträge gegen Schmerzensgeld zu verrechnen. Es scheint, als habe Pretzell es mit dem Geist zu tun bekommen, den er eigenhändig aus der Flasche gelassen hat. Den amüsant zu lesenden vollständigen „Abschiedsbrief“ hat die Autonome Antifa Freiburg dokumentiert (https://autonome-antifa.org/breve9624). Pretzell wird auf dem Eitorfer Treffen Anregungen beigesteuert haben, wie die ADB-Burschen „politisch aktiv!“ werden können. Er gilt, wie die ADB, als national-konservativ. Und ebenso wie bei dem Burschen-Dachverband ist dies zumindest in Teilen verharmlosend. Bereits zu seiner Zeit als AfD-Vorstand etwa plädierte er für die Anwendung von Schusswaffen im Falle eines „gewaltsamen“ Grenzübertritts von Geflüchteten. Als Europaabgeordneter zerstritt er sich mit seiner Partei, wurde von der zukünftigen Teilnahme an Sitzungen der EU-Parlamentsgruppe seiner Partei ausgeschlossen und schloss sich 2016 der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) um die Abgeordneten des französischen Front National an. Auf demselben Fraktionstreffen der ENF in Koblenz, bei dem 2017 Opatzki und Schwach als „Sicherheitsdienst“ fungierten, sorgte er für kontroverse Debatten, weil er sich für die Interessen der israelischen Siedlerbewegung einsetzte und Israel als Land bezeichnete, das vorbildlich gegen den politischen Islam vorgehen würde. Seine Intention wird dabei weniger dem Existenzrecht Israels gegolten haben, sondern dem Wunsch nach Verbrüderung mit dessen faschistischer Regierung seit Benjamin Netanjahu.

Podiumsdiskussion mit Jan Nolte

Um welche gesellschaftlichen Debatten es sich handeln könnte, an denen nach Auffassung der ADB „mitgewirkt“ und „Verantwortung“ übernommen werden soll, wurde durch das Thema der Podiumsdiskussion deutlich. Diese fand am Freitagabend statt und trug die Überschrift „Der deutsche Beitrag zur Bündnis- und Landesverteitigung (sic!) und die Bundeswehr der Zukunft“. Damit greifen die ADB-Burschenschaften thematisch den virulenten Bellizismus auf, wie er durch konservative Parteien wie der CDU, der SPD und den GRÜNEN und der extremen Rechten zunehmend vertreten wird.

Neben dem Jugendoffizier der Bundeswehr, Hauptmann Raphael Schewiola, saß Jan Nolte auf dem Podium. Der AfD-Politiker – ehemaliger Soldat, MdB und Mitglied des Verteidigungsausschusses – sei das einzige Fraktionsmitglied gewesen, das zugesagt habe. Angeschrieben hätte man alle Fraktionen, so der Pressesprecher der ADB laut dem Kölner Stadtanzeiger, es wäre nicht „das Wunschpodium“ gewesen.

Noltes Einlassungen seien bei einem Teil der Burschen auf Skepsis gestoßen, so der Stadtanzeiger weiter. Schon bei der Vorstellung als Podiumsmitglied hätte nur der im Saal rechts sitzende Teil des Publikums applaudiert. Neben dem Befürworten der Wehrertüchtigung hätten andere Wortmeldungen aus dem Saal die Friedensfähigkeit Deutschlands angemahnt. Das Recht auf Wehrdienstverweigerung müsse unangetastet bleiben, betonten manche „Verbandsbrüder“. Somit stimmt nur ein Teil der Burschen in den anschwellenden Chor der Bellizisten, Wehrdienst- und Aufrüstungsbefürworter aus den bürgerlichen Parteien und der rechtsextremen Szene ein. Viel Beifall bekam hääte Nolte laut KStA für seine „markigen Einlassungen zu Heimat und Vaterlandsliebe“ erhalten.

Jan Nolte gehört seinerseits der Fraktion der Freunde von Putins Russland an und gibt der russischen Zeitung Istwestja regelmäßig Interviews. Der Westen habe seines Erachtens mit seiner aggressiven Politik Russlands den Überfall auf die Ukraine notwendig gemacht. Anders als manche „Friedensfreunde“ und Sowjet-Lobbyisten spricht er sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus, nicht jedoch für die Verwendung des Sondervermögens für Aufrüstung – jedenfalls nicht, solange er nicht sichere Erkenntnisse der Geheimdienste habe, dass Putin in Deutschland einmarschieren wolle. Dazu passt, dass die AfD sich seit Russlands Überfall auf die Ukraine aggressiv als Friedenspartei aufführt, als „Soldatenpartei“ aber in Teilen der Wehrpflicht positiv gegenübersteht. 2018 geriet Maximilian T., Offizier der Bundeswehr und Mitarbeiter Noltes in den Verdacht, den Rechtsterroristen Franco Albrecht unterstützt zu haben. Die Ermittlungen gegen T. wurden zwar eingestellt, der Militärische Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz stuften ihn jedoch als Rechtsextremisten ein. Nolte hielt jederzeit treu an seinem Mitarbeiter fest. Im Oberbergischen Kreis ist Nolte seit 2019 kein Unbekannter mehr. Er folgte einer Einladung der Organisation „Die russlanddeutschen Konservativen“, deren Führung sich weitgehend mit der Spitze des radikalen Arminius-Bundes deckte. Im Dorfhaus von Oberdreisbach trafen sich Neonazis und Holocaustleugner, unter anderem der Gründer der Europäischen Aktion. Der Kölner Staatsschutz war auf das Treffen durch die Veröffentlichung von AROB aufmerksam geworden, im Gegensatz zu einem Journalisten und der antifaschistischen Recherche hätte man den Veranstaltungsort jedoch nicht finden können.

Insgesamt stehen im Zeichen des Rechtsrucks und Autoritarismus, des Aufweichens demokratischer Prinzipien, des zunehmenden Nationalismus und Traditionalismus und der Annäherung der CDU an die extrem rechte AfD die Zeichen auch für die „national-konservativen“ ADB-Burschen gut, aussichtsreiche Plätze im politischen Geschäft zu finden, um ihre antiliberale Agenda zu Gehör zu bringen. Wenn autoritär-konservative und extrem rechte Parteien dieselben Diskurse bedienen und die Grenzen zwischen ihnen verwischen, könnten auch die ADB-Burschenschaften mit ihrer Scharnierfunktion zwischen konservativen und extrem rechten Kräften kräftigen Aufwind bekommen. Eine auf Dauer gestellte Zusammenarbeit mit Pretzell könnte ebenfalls im Bereich des Möglichen liegen.

Bernd Kessel wird es schwergehabt haben, seine „Bundesbrüder“ von den Vorzügen seines Hotels, der kleinen Stadt Eitorf oder deren gastronomischem Angebot zu überzeugen. Der Antrag, den kommenden Burschentag in Eisenach stattfinden zu lassen, dürfte gute Erfolgschancen gehabt haben. Falls die Wahl doch wieder auf Eitorf fallen sollte, wäre – wie in Eisenach – Gegenprotest wünschenswert.


Zum Weiterlesen:
https://www.apabiz.de/wp-content/uploads/Burschenschaften-und-Studentenverbindungen_web.pdf
https://autonome-antifa.org/mot2456
https://antifainfoblatt.de/aib137/das-lebensbundprinzip-als-rueckgrat-von-burschenschaften
https://www.ardmediathek.de/video/report-mainz/report-mainz-braune-burschenschaften-das-rechtsextreme-netzwerk-der-afd/das-erste/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwNDk4OTQ

www.ksta.de/region/rhein-sieg-bonn/eitorf-windeck/eitorf-afd-politiker-als-redner-beim-burschentag-1141867

Kriegswaffenhändler aus Remscheid sammelte Nazi-Devotionalien. Staatsanwaltschaft Wuppertal sieht wieder keinen Bezug zur extremen Rechten

Bisher keine extremistische Gesinnung erkennbar…

Man könnte meinen, die Staatsanwaltschaft in Wuppertal würde selbst dann keine Neonazis sehen wollen, wenn die Täter selber sich maximal anstrengen, ihr das Gegenteil zu beweisen. So auch beim vielleicht größten Fall von Kriegswaffenhandel in NRW. Im Keller des Durchsuchten aus Remscheid wurden neben Waffen, Bargeld, Drogen und Sammlerstücken aus dem zweiten Weltkrieg auch NS-Devotionalien gefunden. Neben einem augenfälligen Hakenkreuzwimpel prangt an der Wand etwa das sepiafarbene Portrait Hitlers mit der Unterschrift „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Die Wuppertaler Staatsanwaltschaft mag jedoch nicht an eine extremistische Gesinnung glauben – schon gar keine extrem rechte – und will sich bereits jetzt auf Profitinteresse als Tatmotiv festlegen. Ihr reichlich gesuchtes Argument lautet, es seien schließlich auch Weltkriegswaffen aus der Sowjetunion im gut bestückten privaten Weltkriegsmuseum des kasachischen Besitzers gefunden worden.

Der Razzia vom 26.10.2025 gingen verdeckte Vermittlungen voraus. Durchsucht wurden schließlich Immobilien in Remscheid, Hamm (beide NRW) und Borxleben (Thüringen). Drei Verdächtige im Alter von 59, 34 und 37 Jahren wurden wegen Waffenhandels festgenommen, einem vierten Festgenommenen wird Drogenhandel vorgeworfen. Der Zugriff wurde ausgelöst durch die Ankündigung eines Transportes von Kriegswaffen mit dem Ziel Remscheid. In Remscheid wurden am Tag darauf weitere Waffen gefunden, nachdem ein Abgleich mit dem Grundriss des Hauses die Ermittelnden zu einer Geheimtür führte. Dahinter befanden sich etliche scharfe Waffen und eine „instabile“ Handgranate, die zur Räumung des Hauses führte. Zwei Tage nach der ersten Razzia fand sich ein zweiter versteckter Raum, dieses Mal verborgen hinter einer Wand, und gefüllt mit einer großen Anzahl schwerer Infanteriewaffen.

Nur für den Profit: „Ein Volk, ein Reich ein Führer“

Waffenlager und NS-Museum befinden sich in der Elberfelder Straße 58 in den Räumen, die zur Autowerkstatt von Konstantin I. gehören. Die Online-Bewertungen der Werkstatt deuten darauf hin, dass der Mann seinen Lebensunterhalt nur schwerlich durch Autoreparaturen bestritten haben kann.

Eine Erklärung, warum sich der Werkstattbesitzer und Waffenhändler in seinem Keller aus „Profitgier“ ein aufwändig bestücktes Weltkriegsmuseum gegönnt hat, bleibt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft schuldig und scheint sich bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Ermittlungen festlegen zu wollen. Damit setzt sie fort, was sie im Fall der Brandstiftung in Solingen im Jahr 2024 eindrücklich gezeigt hat. Etliche Hinweise konnten damals die extrem rechte Gesinnung des Täters belegen. Bei den Ermittlungen wurden jedoch Protokolle nachträglich manipuliert, dem Verdächtigen wurden windelweiche Geschichtchen wohlwollend abgekauft, Spuren wurden unverständlicherweise nicht ausermittelt oder gleich ganz ignoriert. Bei dem Brand starben in der Nacht des 25. März 2024 vier Menschen: Kancho Emilov Zhilov (30), Katya Todorova Zhilova (29), Galia Kancheva Zhilova (2) und Emily Kancheva Zhilova (4 Monate). Nihat und Ayşe K. und ihr kleiner Sohn entkamen nur durch einen Sprung aus dem Fenster ihrer Wohnung im dritten Stock. Sie haben bis heute an den Folgen ihrer schweren Verletzungen und Traumatisierungen zu kämpfen (https://adaletsolingen.org/).

Keine Nazis nirgendwo

Nur die hartnäckigen Hinweise der Nebenkläger*innen und der Druck ihrer Anwältin Seda Başay-Yildiz erzwangen weitere Ermittlungen und führten schließlich zu einer weiteren rassistisch motivierten Brandstiftung des Täters in Wuppertal. Auch bei dieser wurden die Ermittlungen zu früh eingestellt und es wurde trotz Hinweisen gar nicht erst die Möglichkeit einer Brandstiftung in Betracht gezogen. Bis zu seiner Verurteilung wurde die politische Gesinnung des Täters im Prozess nicht gewürdigt.

Statt die nicht mehr zu leugnenden Versäumnisse, Ermittlungsfehler und Manipulationen kritisch aufzuarbeiten, empörte sich die Staatsanwaltschaft über deren Offenlegung und sah sich einer Schmutzkampagne durch die Nebenklägerinnen ausgesetzt. Angesichts der aktuellen Vorgehensweise in Remscheid scheint sie diesen Kurs hartnäckig beibehalten zu wollen.

„Spielregeln beim Polizeibesuch“

Dem Wuppertaler Journalisten Sebastian Weiermann ist bei der aufmerksamen Betrachtung der staatsanwaltschaftlichen Pressefotos aufgefallen, dass im privaten NS-Museum und Kriegswaffenlager die Kopie eines Zeitungsartikels angepinnt wurde. Titel: „Spielregeln beim Polizeibesuch“ (https://bsky.app/profile/sweiermann.bsky.social/post/3m4bv6ixuek2j). Bisher ist unbekannt, in welcher Zeitung der Artikel veröffentlicht wurde. Wir fänden es ebenso wie Weiermann recht interessant, hierüber mehr zu erfahren und wünschen, dass diese und ähnliche Spuren ausermittelt werden.

Zuletzt noch ein Protip für die Staatsanwaltschaft: Finanzielle Interessen, kriminelle Energie und ein neonazistisches Weltbild haben sich noch nie gegenseitig ausgeschlossen.