Das gequält gereimte Motto „Keinen Forint für’s [!] Dorint!“ konnte am 16.03. offensichtlich nur wenige extreme Rechte nach Remscheid locken. Daran änderte auch das Aufgebot von Manfred Rouhs (unter anderem ehemaliger Bundesvorsitzender der 2018 aufgelösten Kleinstpartei „Pro Deutschland“) nur wenig. Zu keiner Zeit der Demoroute konnten mehr als 50 Teilnehmende gezählt werden und das auch nur, weil kurzfristig die Trommlergruppe von „NRW erwacht“ dazu stieß.

Rouhs Rede auf dem Schützenplatz zu Beginn der Veranstaltung bot wenig Neues. Perfide höchstens das geheuchelte Mitleid mit den im Mittelmeer ertrunkenen Geflüchteten, die nicht Opfer der politischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse in ihren Herkunftsländern seien. Vielmehr wäre Deutschland Weltmeister im Setzen von Anreizen für „Armutsflüchtlinge“, die Unterbringung in einem ehemals luxuriösen und deshalb symbolträchtigen Hotel sei hierfür symptomatisch.
Bei der daran anschließenden Demo trug Rouhs das Fronttransparent gemeinsam mit den lokalen Ratsmitgliedern der Pro Remscheid-Fraktion Andre Hüsgen, Thorsten Pohl und Nico Ernst.

Thorsten Pohl und Andre Hüsgen
Der wegen Beleidigung und Zeigens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilte Ernst hat eine beachtliche Anzahl extrem rechter Strukturen durchlaufen. Er war Mitglied der Kameradschaft Rhein-Ahr, der Burschenschaft der Raczeks (Bonn) und Ratsmitglied für ProNRW in Bonn. 2017 besuchte er die Sommerakademie in Schnellroda, veranstaltet vom neurechten Institut für Staatspolitik. Im Oberbergischen fiel er im August 2023 auf, als er schon sehr früh im AfD-Büro in Gummersbach Dieringhausen erschien, um gemeinsam mit dem AfD-Fraktionsvorsitzenden Markus Lietza die Eröffnungsfeier vorzubereiten.

Nico Ernst bei der Eröffnung des AfD-Büros in GM zusammen mit Markus Lietza
Ca. 100 Meter vor dem ehemaligen Dorint-Hotel in Remscheid hielt Thorsten Pohl eine weitere Rede, die ebenfalls nur sattsam Bekanntes enthielt. Etwas überraschender war der Auftritt des zweiten Redners: Marvin Emde von der missionierenden freikirchlichen Gemeinde „Im Namen des Herrn“ trug seine eigenwillig verkürzte Bibelexegese vor. „Liebe deinen Nächsten“ bedeutet in seiner Auslegung die Liebe zu Volk und Heimat. Reichlich grobmotorisch hantierte er dazu mit einem großen Holzkreuz (Marke Gelsenkirchener Barock). Die Kleinstsekte und Pro Remscheid kooperieren seit 2023, als Emde anlässlich der von ihm organisierten Gegendemo zum CSD bei Pro Remscheid einen Redner anfragte. Emde, Pächter einer Tankstelle in Wuppertal, stellte auch den Abschleppwagen zur Verfügung, der den Rednern als Bühne diente.

An der Vorbereitung der Kundgebung war Claudia Bötte beteiligt, besser bekannt unter ihrem früheren Namen Claudia Gerhardt, ehemalige Kreisvorsitzende von Pro Wuppertal und Partnerin von Andre Hüsgen. Heute sitzt sie für die AfD im Rat der Stadt Wuppertal und vertritt die Partei unter anderem im Ausschuss für Gleichstellung und Diskriminierung. Claudia Bötte kam nicht allein. Den Transporter mit der Lautsprecheranlage fuhr ihr Sohn Kevin Bötte, Inhaber des Umzugsunternehmens „Umzüge Bergisch Land“. Kevin Bötte ist Kickboxer, Tätowierer und liiert mit einer Frau, die gerne im „Kampf der Nibelungen“-Shirt im Internet posiert und ebenfalls an der Kundgebung teilnahm.

Kevin Bötte
Im Publikum befand sich neben weiteren bestens miteinander bekannten lokalen Pro Remscheid-Anhänger*innen zusätzlich ein kleines Grüppchen, bestehend aus den Neonazis Sascha Krolzig, Ralf Peter Zecher und Alex Simon Kerper.

Vordere Reihe von links: Zecher, Krolzig, Kerper
Der mehrfach einschlägig verurteilte Dortmunder Sascha Krolzig war führendes Mitglied der extrem rechten Kameradschaft Hamm und Funktionär des „Kampfbund Deutscher Sozialisten“. Nach dem Verbot der Kameradschaften sammelten sich deren Mitglieder in der Kleinstpartei „Die Rechte“, in deren Landes- und Bundesvorstand er gewählt wurde, der aber kein nennenswerter Erfolg beschieden war. Zusammen mit anderen Parteimitgliedern wechselte er zur NPD / Die Heimat und übernahm den Vorsitz des Kreisverbandes Dortmund. Als Herausgeber der Zeitschrift „N.S. heute“ wurde er zuletzt 2023 wegen Volksverhetzung zu einem Jahr Bewährungsstrafe und 1.300,00 € Geldstrafe verurteilt
Ralf Peter Zecher wechselte umgekehrt von der NPD (Kreisverband Düsseldorf/Mettmann) zur Partei „Die Rechte“ und fiel vor allem auf zahlreichen Demos der extremen Rechten auf, unter anderem für die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck.
Alex Simon Kerper begann seine Neonazi-Laufbahn 2008 in Schladern (Rhein-Sieg-Kreis) mit der Gründung der „Aktionsgruppe Windeck“, hatte aber zu der Zeit offensichtlich bereits gute Kontakte zur Kameradschaftsszene aus Wuppertal, Leverkusen, Siegen, Westerwald und Oberberg, sowie zur NPD-Funktionärin und Anwältin Ariane Meise und dem Bonner NPD-Kreisvorsitzenden Hans-Robert Klug. Nach einer Phase als Nazi-Hipster in einer Windecker WG Autonomer Nationalisten zog er nach Eilenburg (Sachsen) und beteiligte sich an Aktionen und Demos der lokalen JN und dem NPD-Funktionär Alexander Kurth. (Kurth wurde unter anderem wegen neonazistischer Straftaten, Waffenbesitz, gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub verurteilt.) Zurück in Windeck gab Kerper zusammen mit Frank Krämer und Melanie Dittmer (Freundeskreis Rhein-Sieg und Freundeskreis Westerwald) den lokalpatriotischen Saubermann, baute im Zimmermanns-Outfit socialmediawirksam inszeniert eine Holzbank oder reinigte den von Göring erbauten Thingplatz in Windeck-Herchen. In Vettelschoss (RLP) trainierte Kerper für den Kampf der Nibelungen (KdN) und trat 2017 im sauerländischen Kirchhundem für das Rheinland in den Ring. Mit ehemaligen Mitgliedern des neonazistischen „Freundeskreis Rade“ (Tobias und Jonas Ronsdorf, Tobias Maczewski und Felix Dörschel) fotografierte er sich 2022 vor dem Hermannsdenkmal. Kerper, Maczewski und Jonas Ronsdorf sind schon länger gemeinsam unterwegs. Im Jahre 2020 waren sie Teilnehmer am neonazistischen „Ausbruch 60“-Marsch in Ungarn.

Alex Simon Kerper
Die Kundgebung in der Nähe des Dorint-Hotels war als Zwischenkundgebung geplant. Angesichts der nun auf unter 30 geschrumpften Anzahl an Teilnehmenden wurde sie jedoch zur Abschlusskundgebung umfunktioniert und die Versammlung im Anschluss an Emdes Rede aufgelöst.
Während der der gesamten Zeit war der mit knapp 300 Teilnehmenden deutlich besser besuchte Gegenprotest laut und deutlich von seiner in der Nähe abgehaltenen Standkundgebung zu hören.

Vorzeitiger Feierabend für Manfred Rouhs
Zu Nico Ernst:
Im völkischen Wahn vereint – ANTIFA Bonn/Rhein-Sieg – Blogsport
Zu Alexander Simon Kerper
https://lotta-magazin.de/ausgabe/73/professionalisierung-rechter-gewalt/